Zur aktuellen Flüchtlings-debatte

In Deutschland

Die Flüchtlingszahlen sind auf den höchsten Stand seit dem 2. Weltkrieg gestiegen. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR  zählt  51 Millionen gewaltsam Vertriebene – davon fast 17 Millionen außerhalb ihres Heimatlandes und 33,2 Millionen Binnenvertriebe. Derzeit sind über 3,8 Millionen Menschen vor dem Krieg in Syrien auf der Flucht.

Für die Menschen wird es zunehmend schwieriger Elend und Gewalt zu entfliehen. Syriens unmittelbare Nachbarländer Libanon, Jordanien, Türkei, Irak sind die ersten Anlaufziele und haben mit mehreren Millionen Flüchtlingen die Grenzen ihrer Belastbarkeit erreicht und benötigen europäische Solidarität.

Wir müssen durch verlässliche und planbare humanitäre Hilfe, aber auch mehr Entwicklungszusammenarbeit dabei helfen, in der Region Flüchtlingen Schutz zu gewähren und Stabilität zu sichern.

Fluchtursachen müssen verringert und Lebensbedingungen verbessert werden.

Nachdem sich in schrecklicher Regelmäßigkeit furchtbare Flüchtlingsdramen auf dem Mittelmeer mit Tausenden von Toten abspielen, ist es dringend an der Zeit, dass wir auf allen Ebenen   schnelle aber auch langfristig wirkende Konzepte entwickeln, um möglichst vielen Menschen zu helfen und beispielsweise Lösungen dafür zu finden, dass die Menschen nicht auf die gefährliche Reise über das Mittelmeer gezwungen werden. Am 23.04.2015 fand ein EU-Sondergipfel statt, bei dem sich die Staats- und Regierungschefs auf vier Schwerpunkte in der Flüchtlingspolitik geeinigt haben. Auf Europäischer Ebene müssen wir an erster Stelle Maßnahmen zur Seenotrettung erweitern, die das, was die bisherige italienische Rettungsmission „Mare Nostrum“ geleistet hat, übersteigen.

Eine europäische Mission zur Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer, die auch außerhalb der hoheitlichen 12-Meilen-Zone Italiens agiert, ist erforderlich. Alle 28 europäischen Mitgliedstaaten müssen ihren Beitrag leisten, sei es finanziell oder mit Ausrüstung und Personal. Die SPD wird darauf hinwirken, dass  ein Mandat zur Seenotrettung und mehr finanzielle und operative Möglichkeiten außerhalb von Frontex geschaffen wird. Wir müssen weg von Abschottung und der Abwehr von Migranten. Gleichzeitig müssen Schlepperbanden und Menschenhändler bekämpft werden.

Die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitstaaten wird weiter intensiviert.

Bei der Aufnahme von  Asylbewerbern einigte man sich in der Europäischen Union, einen gerechten Verteilungsschlüssel zu finden.

Die  Anwendung  der  Dublin-Verordnung  hat  sich nicht bewährt und Italien darf von den anderen 27 Mitgliedsstaaten nicht länger im Stich gelassen werden.

Um weitere Katastrophen zu vermeiden hat das SPD-Präsidium am 4. Mai 2015 beschlossen, dass wir legale Einreiseweg eschaffen müssen. Martin Schulz, der Präsident des Europäischen Parlaments, sprach sich derweil für die Einführung eines neuen Aufenthaltsstatus von Bürgerkriegsflüchtlingen aus. Dieser temporärere Schutz wäre für Menschen gedacht, die nach Europa kommen, aber nicht dauerhaft bleiben wollen. Worten müssen nun unbedingt Taten folgen. Europas Glaubwürdigkeit und Gewissen dürfen nicht mit den Flüchtlingen im Meer untergehen.

Aber auch der Bund, die Länder und Kommunen tragen eine gesamtstaatliche Verantwortung, müssen gemeinsam handeln und Aufgaben für eine wirksame Flüchtlingspolitik gerecht verteilen.

Deutschland wird durch die erhöhte Aufnahme von Flüchtlingen stark gefordert, aber nicht überfordert. Gemessen an der Bevölkerungszahl und der Wirtschaftskraft können wir weitere Flüchtlinge aufnehmen. Die Bürgergesellschaft trägt einen großen Teil dazu bei, dass die bisherige Aufnahme von Flüchtlingen gut funktioniert. Um die bürgerschaftliche Flüchtlingsarbeit zu stärken, ist eine finanzielle Entlastung der Kommunen durch den Bund dringend notwendig, damit die Unterbringung, Versorgung und Integration von Flüchtlingen gewährleistet ist. Der Zugang zu Sprachkursen muss erleichtert werden und Gesundheitskosten für Asylbewerber vom Bund übernommen werden. Wir müssen jetzt handeln und unseren eigenen Ansprüchen gerecht werden!

                                                                                                                 

Beitrag von: Christoph Strässer

Der Bundestagsabgeordnete Christoph Strässer  (SPD) wurde 1949 in Velbert geboren. Seit 1970 lebt er in Münster und arbeitet hier seit 1982 als selbständiger Rechtsanwalt.

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