Sexualität ist ein heikles Thema in der arabischen Welt.
In Deutschland steht sie auf dem Lehrplan – auch die sexuelle Orientierung ist Thema.
Von Asmaa Yousuf
Anette Cordes, Sozial-arbeiterin im Hospiz, Prädikantin Krankenhausseelsorge,
Es gibt keinen religiösen Grund, Sexualerziehung in der Schule abzulehnen. Auch ist es nicht zu früh, wenn sie im Unterricht von diesen Dingen erfahren. Es könnte sogar viel früher anfangen. Aufklärung muss stattfinden, um ungewollte Schwangerschaften zu verhindern, Mädchen müssen angeleitet werden, damit sie nicht unter Gruppendruck geraten. Sie sollen nicht meinen, sie müssten Sex haben, um dazuzugehören. Wichtig ist auch: Wer aufgeklärt ist, hat seltener Vorbehalte, sei es gegen Frauen oder gegen Homosexuelle.

Paula Elobied, Angestellte, deutsche Muslimin, alleinerziehende Mutter zweier Kinder, 7 und 5 Jahre alt:
Es ist wichtig, dass Kinder ihren Körper kennenlernen und erfahren, wie er sich entwickelt, ohne dass sie sich schämen. Sie sollen auch lernen, dass niemand sie berühren darf. Das schützt sie gegen sexuellen Missbrauch. Doch diese Erziehung beginnt zu früh, Kinder verlieren ihre Unschuld früher als nötig. Ich bin nicht gegen Homosexuelle. Aber ich möchte nicht, dass Kinder in die Richtung gedrängt werden. Natürlich müssen sie sich mit Verhütung auskennen, und wie man sich gegen Geschlechtskrankheiten schützt. Aber ich will nicht, dass meine Kinder dieses Wissen nutzen, bevor sie verheiratet sind.
Veronica Koch, Biologielehrerin an einem Gymnasium.
Wir beeinflussen nicht die Köpfe der Schüler. Das wäre ungesetzlich. Wir klären sie auf und versuchen ihnen natürlich auch zu erklären, dass Menschen unterschiedliche sexuelle Orientierungen haben. Wir versuchen nie, sie zu ermutigen, ihre sexuelle Orientierung zu ändern. Homosexuelle Kinder sollten nicht unter dem Spott ihrer Mitschüler leiden. Durch Informationen und Gespräche mit den Jugendlichen kann man erreichen, dass sie einander mit Respekt begegnen. Schüler sollen ohne Angst Fragen stellen können. Wir müssen die Eltern anschreiben und sie zu einem Gespräch über diese Fragen einladen, bevor der Unterricht in diesem Fach beginnt.
Scheich Ferid Heider, islamischer Prediger, betreibt einen YouTube-Channel.
Es ist sehr wichtig, Kinder vor jeglicher sexuellen Ausbeutung zu schützen. Jugendliche in der Pubertät müssen wissen, wie sie sicher ihre Sexualität leben können. Allerdings sollten muslimische Männer und Frauen nur in der Ehe Sex haben. Wenn einige sich entscheiden, einen anderen Weg zu gehen, darf keiner ihnen das verwehren. Ich bin nicht dagegen, dass Homosexualität Teil des Lehrplans ist. Ich fürchte aber, im Unterricht wird die Grenze zwischen Aufklärung und Schön-reden überschritten. Die Verbreitung homosexueller Beziehungen bedroht die Institution Familie.
Julia Gerlach, Journalistin, Mutter zweier Töchter, 8 und 13 Jahre alt:
Ja, Sexualerziehung beginnt sehr früh, aber die Neugier ist ja auch da und sie erkunden ihre Körper und auch die ihrer Klassenkameraden. Insofern ist es gut, wenn die Lehrer sie informieren.

Denn die Informationen, die die Schülerinnen und Schüler in diesem Alter untereinander austauschen, sind in der Regel nicht sehr genau. Sexualaufklärung ist für Kinder auch deshalb wichtig, damit sie eine gute Beziehung zu sich selbst entwickeln und stolz sind auf den eigenen Körper. Das hilft ihnen, später ein glückliches Sexualleben zu haben.