Wo steht Deutschland in 10 Jahren?

In Integration

Münster –
„Ja, wir schaffen das!
Doch wo steht Deutschland in zehn Jahren?“
Darüber diskutierten in der voll besetzten Aula am Aasee gleich drei namhafte Soziologen.

Von Claudia Kramer-Santel

„Ja, wir schaffen das! Doch wo steht Deutschland in zehn Jahren?“ Darüber diskutierten in der voll besetzten Aula am Aasee gleich drei namhafte Soziologen: Sie waren im Rahmen der Woche gegen den Rassismus auf Einladung des Fachbereichs Sozialwesen der Fachhochschule nach Münster gekommen.
Professor Armin Nassehi aus München, der früher in Münster gelehrt hat, Professor Markus Rieger-Ladich aus Tübingen und Professor Aladin El-Mafaalani von der Fachhochschule Münster waren zuversichtlich: Man könne die Flüchtlingsfrage schultern. Dafür sei aber ein Umsteuerungsprozess notwendig. Beispielsweise wurde ein Integrationsministerium gefordert – und ein offener Diskussionsprozess in der Gesellschaft über alle Fragen der Einwanderung. „Ja, wir könnten das schaffen. Aber…“ So ähnlich das Fazit.
Was spricht für „Wir schaffen das“?
* Aladin El-Mafaalani betonte die positiven Eigenschaften der Flüchtlinge: „In der Regel kommen die fittesten der Herkunftsgesellschaft“. Hier läge eine große Chance, denn es sei auf Dauer auch mit einem Einwanderungsgesetz sehr schwierig, nur die „idealen“, bereits gut ausgebildeten Zuwanderer zu bekommen, die zudem eine große kulturelle Nähe hätten. Sie seien weltweit in den alternden west¬lichen Gesellschaften gefragt.
* Von den zehn erfolgreichsten Ländern weltweit seien neun Einwanderungsländer, die aufgrund der jungen Bevölkerungsstruktur und des größeren Ehrgeizes eine stärkere Dynamik entfalteten.
*Armin Nassehi sagte, für Deutschland als ökonomisch starkes Land in Europa sei die Flüchtlingskrise generell nicht unlösbar – trotz bürokratischer Anpassungspro¬bleme. Gerade Bayern übrigens leiste Hervorragendes bei der Integration. Deutschland sei de facto seit Jahren ein Einwanderungsland, „auch wenn keiner darüber spricht“, betonte Nassehi.
* Gerade die Sozialarbeit gehe das Problem sehr en¬gagiert an. „Noch nie sind Sozialarbeiter so gefragt gewesen“, sagt Dekan Stephan Barth. Er nannte eine ganze Reihe von Projekten, mit denen man derzeit versucht, Flüchtlingen den Weg in die Fachhochschule in Münster zu ebnen.
Was ist das „Aber“?
* Es gibt eine Verunsicherung vieler Menschen, die vorher so nicht sichtbar gewesen sei, sagte Nassehi. Es fehle ein Muster, wie man künftig über Integration reden kann: „Wenn wir überfließen mit Sätzen über die Angst, führt dies zu einer Verwahrlosung der Debatte.“ Problem: Es sei simpel, rechtsnational zu sein, aber schwer, Argumente dagegenzusetzen. Hier sieht er die aufgeklärte Öffentlichkeit in der Pflicht.
* Deutschland habe Einwanderung zu lange nur als Störung empfunden: „Politiker müssen sich endlich die Frage stellen, wer darf kommen und wer nicht.“
* Markus Rieger-Ladich warnte vor der Rückkehr des Rassismus – auch durch die Tendenz der Verbitterung in der Mittelschicht. Für viele junge Menschen sei zudem Europa nur ein Krisen¬begriff, da für sie die Finanzkrise die prägende Erfahrung gewesen sei: „Wir brauchen ein positives Update von Europa.“ Fazit der Experten: Es spricht viel dafür, dass in zehn Jahren Deutschland das Flüchtlingsproblem geschultert hat. Die Integration muss aber aktiver politisch gesteuert werden.
WN.de

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