Die muslimische Frage

In Deutschland
Ruprecht Polenz

„Die Islamdebatte: Wo endet die Toleranz?“, „Islam ausgrenzen, Muslime integrieren – kann das funktionieren?“, „Beethoven oder Burka“. Das sind drei mehr oder weniger kreative Überschriften, unter denen in deutschen Talkshows in jüngster Zeit über ein als heiß empfundenes Thema diskutiert wurde.
„Die Macht der Moschee“, „Heiliger Krieg in Europa“ und natürlich: „Deutschland schafft sich ab“ sind drei Buchtitel, die sich mit demselben Thema befassen. Insgesamt geht die Zahl der Veröffentlichungen in die Tausende. Da fällt es naturgemäß schwer, sich immer neue Schlagzeilen auszudenken.
Bei ehrlicher Betrachtung passen all diese Sendungen, Bücher, Aufsätze, Blogs und Reden unter eine einzige Überschrift: „Die muslimische Frage“. Das Thema hat sich gesteigert zur deutschen und westlichen Obsession des beginnenden 21. Jahrhunderts…

Es ist eine alte deutsche Obsession. Der Historiker Heinrich von Treitschke freute sich im Jahr 1879 über die „tiefe Umstimmung“, die durch das deutsche Volk gehe. Eine Flut judenfeindlicher Schriften „überschwemmt den Büchermarkt“, schrieb er in einem berühmten Aufsatz für die Preußischen Jahrbücher mit dem Titel „Unsere Aussichten“. „Antisemitenvereine“ träten zusammen, „in erregten Versammlungen“ werde „die Judenfrage erörtert“. Der Denker aus der Oberschicht des deutschen Kaiserreiches sah hier nicht „Pöbelroheit“ am Werk, sondern bescheinigte „dem Instinkt der Massen“, eine „schwere Gefahr“ für das „deutsche Leben“ erkannt zu haben…Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts stand also vor der „jüdischen Frage“. Juden drohten das Land zu zersetzen, Fäulnisprozesse auszulösen, auszusaugen, die Herrschaft an sich zu reißen. Sagen durfte man dagegen lange nichts. Die Juden beherrschten ja die Presse. Aber der Überlebensinstinkt der Deutschen erwachte und nahm den Kampf auf…

Es ist unstrittig, dass der Holocaust ohne die langjährige gedankliche Vorbereitung nicht möglich gewesen wäre. Wohin wird die Islamkritik führen?  muss ja irgendwie gelöst werden.“

Quelle: Ruprecht Polenz
Bild:Stevebidmead/pixabay.com/CC0 Creative Commons

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